Drei Beiträge zum Thema des Elternabends im Januar 2024:
Astrid Lindgren sagte einmal: „Kinder sollten mehr spielen, als viele Kinder es heutzutage tun. Denn wenn man genügend spielt, wenn man jung ist, dann trägt man Schätze mit sich herum, aus denen man später ein Leben lang schöpfen kann. Was auch geschieht, man hat diese Welt in seinem Innern, an die man sich halten kann.“
Ich finde sie hat damit recht. Jedes Spiel ist ein Schatz der dich auch heute noch begleitet.
Als ich das bei der Vorbereitung über das Spiel im Allgemeinen nachgedacht habe, sind mir einige Erinnerungen aufgekommen. Und es waren schöne Erinnerungen von den Spielen, die ich gespielt habe.
Ich möchte euch nun eine Definition vom Spiel / Freispiel vorstellen, die ich gut fand:
"Ein Spiel ist eine selbstbestimmte Herausforderung mit einem Ziel, das in der Herausforderung selbst liegt.“
Das bedeutet
Also Warum spielen Kinder?
„Wir Kinder spielen, weil uns sonst langweilig ist“ haben neulich zwei Kinder in unserer Runde verlauten lassen.
Ich habe bei meiner Recherche herausgefunden, das Spielen ein psychisches Grundbedürfnis ist.
Laut der fundierten Selbstbestimmungstheorie haben wir Menschen drei psychische Grundbedürfnisse:
Diese drei Grundbedürfnisse können wir beim Spielen sehr gut befriedigen. Da wir Spiele selber wählen, entsteht das Gefühl von Autonomie. Außerdem wählen wir das Spiel selbst, was uns ein Gefühl von Selbstbestimmtheit gibt. Wir entscheiden was gespielt wird. Und da wir wir selbst sein können beim Spielen und entsprechend auch Menschen anziehen, die das zulassen, fühlen wir uns akzeptiert.
Dasselbe gilt nicht bloß für Kinder, sondern auch für Erwachsene.
Wir wissen jetzt, dass Kinder aus einem Grundbedürfnis heraus spielen aber welche Bedeutung hat Spiel/Freispiel für die Entwicklung unserer Kinder?
Spielen ist ein grossartiges Werkzeug, das wir von der Natur mit auf unseren Weg erhalten haben. Ein Kind muss nicht erst lernen zu spielen, es macht es automatisch.
Es wirkt sich in vielerlei Hinsicht positiv auf uns aus.
Es gibt nur eine Möglichkeit, die eigenen Veranlagungen, die Talente, das Potenzial zu entfalten: Spielen. Denn wenn wir Spielen, spielen wir oft das, was unser Potenzial erweitert.
Spielen ist Potenzialentfaltung!
Spielen wir, lernen wir uns unsere Interessen und Stärken sowie vielleicht auch unsere Schwächen kennen. Wir lernen uns kennen. Was mag ich, was mag ich nicht? Was kann ich gut? Was nicht?
Spiele sind Aktivitäten, die uns gerade interessieren und herausfordern.
Jemand mag eine Hütte bauen, jemand anders Klavier spielen. Spielen wir, folgen wir unseren Interessen. Wir wissen, was wir tun wollen.
Kinder probieren spielend ganz viele Aktivitäten aus. So prüfen sie unbewusst, ob ihnen diese Tätigkeiten Spass bereiten.
Kinder fühlen sich beim Spielen am glücklichsten.
Mehrere Gründe sind dafür verantwortlich.
Eine Studie zeigt, dass Kinder beim freien Spielen am glücklichsten sind und in der Schule sowie beim Lösen von Hausaufgaben am unglücklichsten.
Spielen wir, erfüllen wir unsere Veranlagungen. Und das fühlt sich genauso an: erfüllend.
Sie wählen keine unterfordernde Tätigkeit und sie wählen auch keine, von der sie sich überfordert fühlen. Aber immer so, dass sie wissen: Wann kann ich es und wann nicht.
Wenn Kinder spielen, erfahren Sie, wie sich zum Beispiel Spaß anfühlt oder auch Freude. Wenn sie lachen und glücklich sind. Andererseits lernen sie auch Frust oder zum Beispiel Wut kennen, wenn sie mit jemandem streiten oder etwas nicht klappt. So lernen sie wirklich eigentlich fast alle Emotionen kennen und auch, wie man damit umgeht. Das Spiel ist also ein guter Übungsplatz. Sie können testen, wo sind vielleicht auch meine Grenzen. Was macht mich traurig? Und was macht mich glücklich?
Ich finde, das ist ein ganz wichtiger Punkt, um auch später Emotionen regulieren zu können. Denn das muss man lernen. Das geht nur, wenn man die Emotionen schon kennt. Wenn zum Beispiel ein anderes Kind das Werkzeug bekommt, was eigentlich ich jetzt möchte, muss ich damit umgehen und lernen, dass ich jetzt auch mal Frust aushalten muss.
Nach eindrucksvollen Erlebnissen spielen Kinder oft Szenen des Erlebten nach, um sie in Ruhe zu verarbeiten.
Eltern kennen das gut: Ihr Kind kommt von einem emotional anstrengenden Tag nach Hause und beginnt sogleich zu spielen. So durchleben Kinder eine Szene, die ihnen vielleicht Angst gemacht hat - oder für sie neu war - nochmals und verarbeiten das Wahrgenommene.
Es ist wichtig, diesem Spiel Platz zu geben und es gegebenenfalls zu unterstützen, indem ein Symbolspiel begonnen wird, das dem Kind die Möglichkeit gibt, Ängste und Unsicherheiten zu lösen. Aber sie können auch andersrum schöne Momente nachspielen, weil sie sie so toll finden und noch mal spüren wollen oder erleben möchten.
Beim freien Spielen passen sich Kinder ständig neuen Situationen an. Das erhöht die Anpassungsfähigkeit und somit die Resilienz.
Eine wesentliche Komponente von Spielen ist das Unvorhersehbare. Beim Spielen wissen wir nicht, was als nächstes geschieht. Beispielsweise beim Volleyball können wir nie sicher sein, wohin genau der Ball springt, ob er geblockt wird, ob er die Mitspielerin erreicht. Genau das macht den Reiz des Spiels aus. Wären Spiele berechenbar, wären sie langweilig und somit keine Spiele mehr.
Beim Spielen sind Menschen völlig bei sich, völlig authentisch. Wer miteinander spielt, baut enge Beziehungen und Bindungen auf.
"Beim Spiel kann man einen Menschen in einer Stunde besser kennenlernen, als im Gespräch in einem Jahr" soll Platon so oder ähnlich gesagt haben.
Beim Spielen fühlen wir uns verbunden und wohl. Wir spüren, dass Mitspielende uns nicht bös wollen, dass sie auch nur Freude haben möchten.
Und es gibt bestimmt noch mehr Gründe warum das Spiel wichtig und richtig ist.
Wir könnten wahrscheinlich jetzt noch viele andere Punkte aufzählen, aber ich finde, ich habe die wichtigsten aufgezählt. Und es würde auch der Rahmen sprengen. Mir ist wichtig, dass ihr vermittelt bekommen habt, das Spiel nicht nur spielen ist, sondern dass es wirklich auch was mit der Entwicklung zu tun hat. Und das ist unglaublich. Wichtig ist, wie Astrid am Anfang gesagt hat, es ist ein Schatz, den man mit sich trägt und von ihm lernen kann.
...Helen
Spielen ist mehr als nur kindlicher Zeitvertreib, es hat eine elementare Bedeutung.
Aber das "Was und "Wie" und "Womit" hat sich im Laufe der Zeit verändert.
Spielzeug gab es schon im Mittelalter. In Kindergräbern wurden puppenähnliche Tongebilde oder speziell bearbeitete Knochen und Steine gefunden.
Später wurde die Kluft zwischen reichem Spielzeug (silberne Rasseln, Glasmurmeln, fein gearbeitete Puppen- oder Ritterfiguren) und armem Spielzeug (Zapfen, Eicheln, Kastanien, selbst geschnitzte Figuren, Puppen aus Bast gebunden, …) immer größer.
Ende des 18. Jahrhunderts hat Friedrich Fröbel den Kindergarten erfunden (davor waren es Kinderverwahranstalten) und schrieb auf, wie wichtig die frühe Kindheit für die Bildung und Entwicklung ist. Er entwickelte Spielzeug, mit dem die Kinder extra gefördert werden konnten.
Mit der Industrialisierung veränderte sich das Spielzeug grundlegend. Durch die neuen Technologien war es nun möglich, Spielzeuge in großen Mengen herzustellen.
Der Markt wurde immer bunter und die Auswahl schier unüberschaubar. Vom klassischen Holzspielzeug, über Puppen in jeglichen Variationen, Rollenspielzeug, Outdoorspielzeug, Motorik- und Lernspielzeuge, bis hin zu hochmodernen, elektronischen Spielwaren ist der Markt mittlerweile überschwemmt und gibt ALLES und noch mehr her.
In den klassischen Kindergärten finden sich kunterbunte Regale, Kisten und Schränke voll mit Spielsachen. Mehr oder weniger nach pädagogischen Gesichtspunkten ausgewählt. Je nach Organisation des Hauses wechseln die Inhalte der Schränke in regelmäßigen Zyklen. Die „Aufgabe“ des Kindergartenkindes besteht nun darin, sich den Vormittag über mit den angebotenen Dingen zu beschäftigen.
Nun könnte man annehmen, dass damit alles in Butter wäre. Die Kinder sich selbst perfekt fördern, weil sie sich dieses Spielzeug wählen, welches sie in diesem Moment benötigen. Oder Erwachsene (egal ob Erzieher oder Eltern zu Hause) die Verantwortung dafür übernehmen. Vorschläge machen, Beschäftigungsmöglichkeiten anbieten. Aber ist es zielführend (ständig) zu spüren, oder gar zu entscheiden, welches Spielzeug für wen und in welchem Umfang und zu welchem Zeit- und Entwicklungspunkt geeignet erscheint? Ich denke nicht. Ich bin mir aber sicher, dass Kinder mit der Reizüberflutung der vollen und überfüllten Räume überfordert sind.
Es gibt auch Stimmen, und da zählt unser Kindergarten auch dazu, dass Kinder nicht immer von vorgefertigten und vorgegebenen Spielsachen umgeben sein müssen. Es darf Bereiche im Leben eines jeden Kindes geben, in dem industrielle Spielsachen fehlen. In dem es ganz andere Kompetenzen erwerben kann.
Stellt euch ein Spielzelt vor. Was spielen die Kinder? In der Regel, dass es ihr Haus wäre. Meistens sind die Zelte ja auch entsprechend bemalt. Stellt euch aber einen großen Karton vor. Der kann auch Haus sein. Aber auch Stall, Boot, Rakete, Höhle, Schrank, Tunnel, Raumschiff, Wiege, Sarg, Badewanne, Schiff, Paket, Fahrzeug im Einsatz, oder ohne Einsatz, Tisch und noch vieles, vieles mehr.
Da gibt es kein vorgegebenes Ergebnis. Der Gestaltungsfreiraum ist riesengroß. Und individuell. Für jedes Kind, in jedem Spiel hält der Karton wieder ein neues Abenteuer bereit.
Noch ein Beispiel: Oder ein Puzzle mit 49 Teilen? „Schaffe ich nicht“, denkt vielleicht ein Kind. Aber ein Mandala/ Bild aus Naturmaterial legen, das schaffe ich!
Ich möchte euch ein bisschen erläutern, wo die Vorteile, bzw. Unterschiede beim spielzeugfreien Spiel liegen, welches wir ja im Wald auch erleben. Spielzeugfrei bedeutet übrigens nicht, dass es nichts gibt. Selbstgefundenes Material, aber auch freies (….) Material wie Seile, oder Tücher.
Nicht jedes Kind tut sich von Anfang an leicht, ohne vorgegebenes Material zu spielen. Es ist eine Gewöhnungssache und auch abhängig vom Charakter. Manchen Menschen fällt es leichter, als anderen. Das ist auch ok.
Bis zum Kindergarteneintritt mit etwa drei Jahren spielen die Kinder vorrangig im Parallelspiel. Hierbei spielt zwar jedes Kind für sich, sie beobachten sich häufig gegenseitig. Aus dem Parallelspiel mit Blickkontakt entwickelt sich zunächst ein einfaches und dann immer komplexeres Sozialspiel. Zusammen zu spielen setzt voraus, dass Kinder fähig sind, sich auf einen Gegenstand zu beziehen und zu vereinbaren, was und wie zu spielen ist.
Da Spiele ohne Material in der Regel vor allem interaktive Spielformen sind, d. h. Rollen- und Sozialspiele, werden viele Bereiche viel stärker gefördert:
Ihr seht also, das Spiel ohne Material ist für eure Kinder eine wahre Wunderkiste und für ihre Entwicklung sehr wichtig! Natürlich kann und soll nicht der komplette Alltag spielzeugfrei sein. Spielzeug hat seine Berechtigung. Aber das Spielen ohne Material eben auch!
...Regina
Jetzt möchte ich noch einen Bereich aufgreifen, der unserer Meinung nach gut zum Thema des heutigen Abends passt. Nämlich die kindliche körperliche und psychosexuelle Entwicklung der Kinder und damit einhergehend, das spielerische Entdecken aller Körperteile. Das Neugierige Erkunden des eigenen Körpers und der Körper anderer.
Auch in den Rahmen des Kinderschutzkonzeptes, das wir derzeit noch weiter entwickeln, fällt das Thema „Kindliche Sexualität“. Wir als Team haben uns intensiv damit befasst. Wir haben auch eine Fortbildung besucht und ich will an dieser Stelle einige spannende und wichtige Informationen und Denkanstösse an euch weitergeben.
Oft sind wir Erwachsene, was dieses Thema anbelangt, sehr verunsichert. Wie verhalten wir uns hier richtig? Was ist okay, was sollten wir unterbinden …
Körperliche Neugier bei Kindern im Vorschulalter ist ein wichtiger Baustein in der Entwicklung und sie beginnt bereits im Babyalter:
Alles was dem Kind das Gefühl von Vertrauen, Geborgenheit und Verlässlichkeit gibt, ist wichtig und gut.
Ihr als Eltern, und auch wir als Erzieherinnen, können diese Entwicklung von Anfang an liebevoll begleiten.
Jedes Kind entwickelt sich in seinem eigenen Rhythmus und Tempo. So wie jedes Kind zu unterschiedlicher Zeit den ersten Zahn bekommt, oder verliert, so machen sie alle körperlichen und sinnlichen Erfahrungen zu einem ganz individuellen Zeitpunkt.
Dazu kommt auch noch der persönliche Charakter jedes Kindes: Draufgänger und Draufgängerinnen sind in manchen Bereichen schneller, als vorsichtige zurückhaltende Kinder.
Sexualität ist eine Dimension des Menschen, die sich entwickelt und verändert.
Wichtig ist, das wir Erwachsenen wissen, dass kindliche Sexualität und Erwachsenensexualität, nichts gemeinsames haben.
Beide sind grundsätzlich verschieden.
Ganz klar, auch Kinder haben ähnliche körperliche Reaktionen wie Erwachsene - kleine Jungs haben eine Erektion, oder Mädchen erleben ein angenehmes, schönes Gefühl, wenn sie zum Beispiel auf einem Kissen herumrutschen.
Wären Kinder nicht ständig in eine Windel gepackt könnten wir noch viel öfter eine Erektion bei kleinen Jungs bemerken - wenn sie entspannt sind, oder, wenn sie sich über etwas aufregen.
Kinder schreiben diesen Empfindungen aber eine ganz andere Bedeutung zu.
Für sie ist eine körperliche Erfahrung, die einfach nur interessant und angenehm ist. Ein Kind, dass seinen Körper entdeckt und dabei zum ersten Mal zufällig seine Genitalien streichelt, erlebt dies ganz einfach als wohltuend. Genau wie eine Rückenmassage von Mama oder Papa, die sie als sehr schön empfinden.
Der Umgang ist spontan, neugierig, unbefangen. Sie spielen an sich herum, gedankenverloren, genießen das angenehme Gefühl, die Beruhigung oder Entspannung.
Auch wenn Kinder dies häufig tun, ist es kein Hinweis auf eine Fehlentwicklung.
Für ein kleines Kind haben die Geschlechtsteile, oder Handlungen an den Geschlechtsteilen, noch keine bestimmte Bedeutung. Penis und Scheide haben die gleiche Wertigkeit wie alle anderen Körperteile - der Bauch, die Hand, die Nase …
Erwachsene oder ältere Jugendliche dagegen, reduzieren Sexualität oft auf das weite Feld des Geschlechtsverkehrs.
Wir Erwachsenen sollten uns also immer vergegenwärtigen, dass unsere Sicht, auf keinen Fall auf kindliches Verhalten übertragen werden kann.
Wenn ein kleines Kind mit der Mama in der Badewanne sitzt und das Kind beginnt, sich für die nackte Brust der Mutter zu interessieren, sie berührt, hat dies für das Kind eine völlig andere Dimension, als für die Mutter. Aus Kindersicht ist nichts besonderes passiert, der Mutter ist diese Berührung vielleicht unangenehm oder peinlich.
Im Kopf von Mutter und Kind laufen zwei unterschiedliche Filme ab.
Dies gilt auch, wenn Kinder sich für die Geschlechtsteile der Eltern interessieren. Aus Sicht der Kinder passiert dies ganz unbefangen. Für uns Erwachsene kann eine solche „Untersuchung“ heikel sein. Hier gilt ganz klar, wenn etwas unangenehm ist, dürft wir sagen, „Das möchte ich jetzt nicht. Ich möchte nicht, dass du meine Scheide/Penis untersuchst.“
Sollten wir dies zulassen, obwohl wir uns dabei unwohl fühlen, vermitteln wir dem Kind, „Es ist okay Berührungen geschehen zu lassen, die wir eigentlich nicht wollen.“
Kinder verstehen ein „Nein“ und erleben, jeder hat ein Recht seine Intimität zu schützen.
Persönliche Grenzen setzen, sollte für uns alle wichtig sein, und speziell in diesem Bereich ist es euch sicher besonders wichtig, dass eure Kinder in der Lage sind, ihre Grenzen zu spüren und „Nein“ zu sagen.
Im zweiten Lebensjahr entdecken Kinder, dass es zwei unterschiedliche Geschlechter gibt. Das wir Mädchen und Jungen an unterschiedlichen äußerlichen Merkmalen unterscheiden können.
Spannend ist es dann für ein Mädchen, einem Jungen beim Pinkeln zuzusehen. Vielleicht hat es keinen Bruder und Papa konnte es noch nie, oder selten, beim Pinkeln beobachten und entdeckt: „Ah, da kommt das Pipi raus.“
Andersherum gilt das Gleiche. Ein Junge schaut interessiert zu, wenn ein Mädchen Pipi macht.
Im Kindergarten erleben wir, dass es manche Kindern nicht stört, beim Pipi machen Zuschauer zu haben. Andere Kinder wünschen, „keiner soll zuschauen“.
Und hier kommen wir zu einem wichtigen Punkt: Dieser Wunsch muss akzeptiert werden, darf nicht heruntergespielt werden. Persönliche Grenzen müssen unbedingt beachtet werden.
Ein spannendes Thema ist auch die Bezeichnung der Geschlechtsteile: Wir erleben oft, dass Penis oder Scheide mit sehr lustigen Namen betitelt werden: Schnippele oder Schniedel…
Ich weiß nicht wie ihr es im Einzelnen praktiziert. Aber die Frage ist doch interessant, warum bekommen diese Körperteile Spezial Namen? Warum nicht Penis und Scheide.
wie Nase, Ellenbogen, Knie, Bauch, Hals, Augen …
Mit 4 bis 6 Jahren hat das Interesse für das eigene und das andere Geschlecht eine neue Stufe erreicht. Die Kinder sind sehr neugierig. Wollen das andere Geschlecht ganz genau betrachten und untersuchen. Arztbesuche für sie schließlich eine häufig gemachte Erfahrung, bei denen der Arzt, die Ärztin, in den Mund, die Ohren schaut, das Herz abhört, den Bauch abtastet … Und solche Untersuchung praktizieren sie dann auch schon mal im Kindergarten.
Auch in unserem Kigaalltag gab es, z.B. im vergangenen Sommer, immer wieder mal die Situation, dass sich Kinder zurückgezogen haben, um sich gegenseitig Penis oder Scheide zu zeigen. Klar, der Sommer, die warme Jahreszeit bietet sich bei uns im Waldkindergarten dafür an.
Sicher nicht der Winter.
Vielleicht ist das auch eine Erklärung dafür, dass interessanterweise in vielen Hauskindergärten, Doktorspiele einen sehr großen Raum einnehmen und vielerorts zum Alltag gehören. Diese Rückmeldung haben wir zumindest auf einer Fortbildung zum Thema bekommen.
Bei uns im Kindergarten haben wir sie selten erlebt, aber es gab sie, zuletzt, wie schon gesagt, im vergangenen Sommer, und bei manchen Eltern hat dies zu starker Verunsicherung geführt.
Kinder haben sich zu einer sogenannten „Geheimbesprechung“ zurückgezogen. Interessant ist ja, dass die Kinder in diesem Alter das Bedürfnis haben, dieses Erlebnis, in einem geschützten Rahmen zu haben.
Nicht in der großen Gruppe, vor den Augen vieler.
Jüngere Kinder sind hier noch unbedarfter - Bei uns geschehen: Frage während der Essenszeit eines Dreijährigen Kindes an ein anderes Dreijähriges Kind:„Sollen wir uns nachher die Unterhose ausziehen und uns anschauen?“
Uns ist wichtig, diese natürliche kindliche Neugier nicht zu verbieten. Wichtig aber, sind Regeln, die eingehalten werden müssen. Und diese haben wir mit den entsprechenden Kindern auch besprochen.
Kein Kind darf zu etwas gezwungen werden. Sich trauen „Nein“ zu sagen, ist wichtig.
Das Altersgefälle darf nicht groß sein. Kein 6jähriges Kind sollte sich mit einem 3jährigen zurück ziehen.
Es wird nichts in Körperöffnungen eingeführt. Das ist gefährlich.
Bei diesen gegenseitigen Betrachtungen geht es den Kindern nur darum, ihre kindliche Neugier zu befriedigen. So wie sie mit großem Interesse Naturphänomene oder Tierspuren im Wald bestaunen, betrachten sie ihre Geschlechtsteile.
Wenn alles geklärt ist - ich bin ein Junge, habe einen Penis, du auch, oder, du hast eine Scheide, du bist ein Mädchen, verlieren die Geheimbesprechungen ihre Faszination und es wird sich wieder anderen Beschäftigungen zugewandt.
Wir wollen bei den Kindern auf keinen Fall das Gefühl erwecken, „Das was ihr tut ist schlecht, das dürft ihr nicht“, denn was hinterlassen solche Aussagen bei den Kinder?
Kinder sind feinfühlig. Es vermittelt ihnen den Eindruck „Irgendwie sind die Körperteile, die hier zusätzlich mit einer Unterhose bedeckt sind, anders als der Rest meines Körpers und soll geheim gehalten werden.“
Uns ist es an dieser Stelle wichtig euch zu versichern, dass wir mit diesem Thema sehr sensibel umgehen. Gut beobachten und ggf einschreiten.
Und wir hoffen, dass euch diese Informationen verdeutlichen konnten, dass Doktorspiele ein natürlicher Teil der kindlichen Entwicklung sind.
Es besteht keine Sorge, dass sexuelle Übergriffe geschehen.
Was ihr /wir euren Kindern gut dosiert, ohne Angst zu schüren, mitgeben sollten, ist:
Setzte deine persönlichen Grenzen. Du musst nichts tun, was du nicht möchtest.
Das beginnt schon mit der Frage am Morgen im Kindergarten: „Trägst du heute meinen Rucksack? Meinen auch?“ Und ein Kind sich nicht traut, „Nein“ zu sagen, weil es nicht hören möchte —> „Dann bist du nicht mehr mein Freund“.
So läuft es gegen seinen Willen, schwer beladen durch den Wald.
Hier ist es unsere Aufgabe, solche Situationen zu erkennen und nachzufragen, das Kind daran zu erinnern, „Möchtest du die Rucksäcke wirklich tragen? Du musst das nicht tun.“
Und an der Reaktion des Kindes merken wir sehr schnell, ob es heute einfach hilfsbereit sein möchte und das ist ja toll. Oder, ob es unter Druck steht —> Dann lad ich dich nicht zu meinem Geburtstag ein.
So ergeben sich im Kigaallltag sehr oft Gelegenheiten, in denen wir das Thema „Meine persönlichen Grenzen wahren“ aufgreifen, und die Kinder dafür sensibilisieren können.
Es gibt dominante Kinder, die eine geradezu beeindruckende „Leader/Führungs“ Persönlichkeit mitbringen und Kinder ohne große Mühe dazu bringen, Dinge zu tun. Tolle Dinge, wie auch weniger schöne.
Und es gibt Kinder, die gefallen und dazugehören wollen, und ihre eigenen Bedürfnisse zurückstellen, um akzeptiert zu werden.
Hier gilt es für uns im Kindergartenalltag, als Erwachsene generell, gut hinzuschauen und hinzuhören und die „Schwächeren“ zu stärken.
Die dominanten Kinder dagegen müssen lernen, dass sie nicht immer bekommen was sie wollen. Und dann auch mal „Abfuhren und Absagen“ aushalten müssen, bei denen ihnen ihre Grenzen aufgezeigt werden.
Jetzt bin ich am Ende angekommen. Wir möchten euch noch eine sehr gute Broschüre mitgeben, die von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, zu diesem spannenden Thema zusammengestellt wurde.
... Petra
Zwei Beiträge zum Thema des Elternabends im Oktober 2022:
Tja, kennen wir diese Situation nicht alle? Eine Situation spitzt sich zu und wir verlieren irgendwann die Nerven. Und schreien zum Beispiel mal das Kind an. Oder knallen eine Tür zu. Oder sagen etwas, das verletzt. Respektlos, oder?
Wie Eltern sind, oder sein sollen. Was von ihnen erwartet wird und -ganz wichtig- was sie von sich selbst erwarten. Im weitesten Sinne hat das damit zu tun, wie unsere Haltung zu uns selbst ist. Dürfen wir als Eltern auch respektvollen Umgang erleben? Sind wir durch unsere Elternschaft nur noch dazu gemacht, nicht mehr zu empfangen, sondern nur noch zu senden?
Ich will auf niemanden mit dem Finger zeigen, denn wir sitzen ja alle in demselben Boot. Und als ich mich entschied, dass ich euch hier keine Lehrstunde halte, sondern euch mit auf meine Reise durch das Thema nehme, da kamen die Wörter fast wie von selbst.
Zunächst habe ich mich mit dem Wort Respekt auseinandergesetzt. Der Duden sagt:
"Respekt ist eine auf Anerkennung, Bewunderung beruhende Achtung."
Ist es das tatsächlich immer so im Alltag? Wenn ich mittags nach der Arbeit spüre, ich brauche eine Pause. Ich bitte mein Kind, mich 15 Minuten ausruhen zu lassen. Dann ist es auf jeden Fall ein respektvolles Handeln meines Kindes, wenn es mir diese, für mich so wichtige Pause, gönnt.
Ob die Entscheidung meines Kinds nun auf Anerkennung und Bewunderung beruht, das weiß ich nicht. Eine wiederum respektvolle Geste meinerseits:
Ich kann mich danach bei ihm für sein Verhalten bedanken und mich darüber freuen.
Was aber, wenn uns unser Kind diese Pause heute nicht gönnt? Wie kommen wir mit der Schreimutter in uns klar? Gar nicht? Denn ist es nicht so, dass wir als Eltern oft einem Ideal hinterher rennen?
Was wohl die Nachbarn denken, wenn wir mal laut schimpfen?
Oder die anderen Kunden im Laden, wenn das Kind auf dem Boden liegt und brüllt, wenn es UNBEDINGT das Überraschungsei will?
Die Nerven verliere ich aber nicht nur in richtigen Streitsituationen, sondern auch öfter mal im täglichen Miteinander. Eben immer dann, wenn ich nicht weiter weiß. Wie erziehe ich mein Kind perfekt? Wir wollen ja alle nur das Beste für unsere Kinder.
Ich denke, dass wir uns die Frage stellen sollten, was wir als Familie brauchen. Nicht nur die Kinder. Auch mein Partner. Und ich. Wir alle müssen im Mikrokosmos Familie zufrieden sein und haben denselben Stellenwert.
Die äußeren Faktoren ändern sich eh stetig. Die Frage, was die Gesellschaft vermeintlich von uns erwartet, kann sich schnell verändern. Neue Nachbarn, neue Wertvorstellungen.
Welcher Erziehungsstil, welche Pädagogik ist gerade angesagt?
Wenn mein Opa erlebte, was ich bei meinen Kinder zugelassen habe, oder wie ich Situationen mit ihnen klärte, schüttelte er nur den Kopf, oder war entsetzt: "Das hätte es bei uns nicht gegeben!"
Und meine Tante, die in der Hippizeit aufgewachsen ist, versteht nicht, warum ich nicht mit den Kindern splitterfasernackig am See zwischen 1000 anderen Handtüchern und Picknickdecken Federball spielen möchte.
Somit sehen wir auch, wie sehr unsere eigene Erziehung eine Rolle spielt. Wie wurde ICH geprägt? Wie mein PARTNER? Wie finden wir aus dem Gewirr unseren eigenen Weg? Den, der zu uns passt und der sich auch noch richtig anfühlt?
Was wollen wir für unsere Kinder?
Ich bin mir sicher, dass unsere Kinder glücklich sind, wenn sie in einem liebevollen Umfeld aufwachsen dürfen, in dem sie AUFRICHTIGE LIEBE und ANNAHME erleben und messen ihre Eltern nicht daran, wie toll sie zum Beispiel den Haushalt im Griff haben.
Ein Kind würde sich sicher nicht am unordentlichen Wohnzimmer stören, so lang es an Mama oder Papa gekuschelt einer schönen Geschichte lauschen dürfte.
Zu dieser aufrichtigen Liebe gehört aber für mich auch, dass die Erwachsenen sich selbst nicht vergessen. Nicht aufgeben für die Kinder. Sie bedeutet nicht, alles zu machen, nur, dass es keine Konflikte gibt. Unterschiedliche Meinungen sind wichtig. Dadurch spüren sich die Kinder, weil sie erleben, dass jeder seine Meinung haben darf. Und das in Ordnung ist.
Kinder sind Grenzgänger. Das eine mehr, das andere weniger. Die schwierige Aufgabe von uns Eltern ist nun, die Grenzen mit einer LIEBEVOLLEN KLARHEIT durchzusetzen.
Und ich denke, diese Klarheit ist der Schlüssel.
Wenn die Kinder wissen, woran sie sind, fällt es ihnen leichter, eine Entscheidung zu treffen.
Ich möchte euch ein Beispiel von einer meiner Tochter erzählen. Sie war mittlerweile im Kindergarten eingewöhnt, fühlte sich wohl und begann nach einiger Zeit morgens zu weinen. Eine Weile brachte mich das ziemlich in Stress, weil ich dadurch jeden Morgen nervös war. Das übertrug sich natürlich auf meine Tochter.
Bis ich auf die Idee kam, dass ich ihr die Freiheit lasse, wie sie sich von mir verabschieden wollte. Und, dass das Weinen in Ordnung war. So fragte ich sie jeden Morgen, ob sie sich heute MIT oder OHNE weinen verabschieden wolle. Am Anfang überlegte sie jeden Tag und entschied mal so und mal so. Für mich war das in Ordnung. Das Weinen musste einfach raus und es durfte. Nach einiger Zeit wollte sie nicht mehr, dass ich sie frage. Das Thema war abgehakt.
Dazu habe ich noch ein wunderbares Zitat von Jesper Juul gefunden:
"Wir müssen lernen auszudrücken, wer wir sind und wofür wir stehen, statt unseren Kindern vermitteln zu wollen, wie sie sein sollten."
So lange das Kind in seiner Seele, seinem Geist und seinem Körper bewahrt wird, ist der Weg jeder Familie sehr unterschiedlich und eben genau richtig.
Ich hoffe, ihr nehmt das Gefühl mit, dass ihr Vertrauen in euch und eure Kinder habt und den Mut habt, EUREN Weg weiter zu gehen.
...Regina
Wir wollen heute Abend sowohl darüber nachdenken, was dürfen/Können wir von unseren Kindern erwarten, als natürlich auch die Frage, was dürfen die Kinder von uns Erwachsenen/Eltern/Erzieherinnen erwarten?
Und darüber möchte ich nun mit euch nachdenken:
Wir wollen Gleichwürdig miteinander umgehen, was bedeutet, mit Respekt gegenüber dem anderen, gleich welchen Alters.
Kinder - Kinder, Erzieher - Kinder, Eltern - Erzieher.
Eine wertschätzende Atmosphäre, macht das Miteinander sehr angenehm und oft einfacher.
Wertschätzend - auf Augenhöhe.
Wenn sich ein Kind in seiner individuellen Persönlichkeit angenommen fühlt, dann fühlt es sich sicher und wertvoll. Das gilt für jede Art der Gemeinschaft.
Jeder von uns ist seit seiner Geburt mit bestimmten Eigenschaften ausgestattet, die wir ganz einfach mitbringen in diese Welt. Da gibt es Grundlegendes wie unser Geschlecht, unseren Körperbau, Temperament, Eigenschaften wie Sensibilität, bin ich extrovertiert oder eher zurückhaltend.
Jeder von uns, hier in der Runde, ist mit seinen Eigenschaften und daraus entstandenen Fähigkeiten einmalig - gibt es kein zweites Mal.
Genau so ist es mit unseren Kindern.
Wenn ein Kind das im Alltag erleben kann: „Ich bin gut, so wie ich bin.“
„Bin für die Gemeinschaft, die Kindergartengruppe, Familie, Schule wertvoll.“
„Ich bin einzigartig.“, „Ich bin es wert geliebt zu werden, unabhängig von Leistungen.“
Dann kann es gestärkt in die Welt gehen.
Das was DA ist, muss wertgeschätzt werden. Das Augenmerk sollte nicht nicht darauf gelenkt werden, was scheinbar fehlt.
Sicher hatte jeder von euch, als das erste Kind erwartet wurde, eine (geheime) Wunschvorstellung wie euer Kind am liebsten sein sollte.
Und sicher habt ihr früher oder später gemerkt, dass dieser Wunsch nicht in Erfüllung geht.
Gerne wird verglichen. In der Kindergartengruppe, gibt es eine große Anzahl an „Vergleichskindern“.
„Mensch, der Julian kann schon perfekt bis 30 zählen … das kann mein Sebastian nicht.“
„Mannomann, die Katrin spricht mit ihren dreieinhalb schon super, meine Lilly ist da weit hinterher.“
Aus einem motorisch nicht so begabten Kind, wird wohl kein Superfußballer, auch wenn es Papa super gefallen würde.
Vergleichen ist immer schlecht. Macht das nicht, auch wenn ihr immer wieder dazu verführt werdet. Es verunsicherteuch nur. Euer Kind hat dafür in anderen Bereichen große Talente, besondere Eigenschaften. Lenkt euer Augenmerk darauf.
Ich glaube fest, dass ihr alle Eltern seid, denen dies bewusst ist.
Respektvolles Verhalten gegenüber eurem Kind bedeutet aber auch Loslassen - es in die Welt hinausziehen zu lassen.
Jetzt sind es noch kleine Abenteuer die es bestehen darf:
Die Kindergartenzeit beginnt - ein neues, fremdes, spannendes Terrain betreten. Das kostet Mut - aber euer Kind schafft es. Vor allem mit eurer guten Begleitung und Unterstützung.
Eurem Kind Dinge zutrauen. Seien es Aktionen wie auf einen Baum klettern, über ein hohes Klettergerüst zu balancieren, als auch Situationen wie, im Bäckerladen eine Brezel zu kaufen. Später den Schulweg alleine zurückzulegen.
Natürlich bedeutet das auch von euch die „Kontrolle aufzugeben“ - eurem Kind das Vertrauen schenken, dass es eine Sache schaffen kann. Durch eure Zuversicht, kann das Kind wachsen und Erfahrungen sammeln.
Frustrationen dürfen, nein müssen sein. Es dürfen auch mal Tränen fließen.
Sie sind viel stärker als ihr vielleicht manchmal glaubt.
Über Rückschläge hinwegzukommen und Herausforderungen zu meistern, fördert die „Resilienz“ eures Kindes. Dieser Begriff ist euch vielleicht auch schon mal begegnet.
Er steht sozusagen für das Immunsystem der Seele.
So wie unser Körper durch überstandene Krankheiten ein Immunsystem entwickelt, tut dies die Seele eures Kindes mit jeder Herausforderung die es bestehen durfte.
Jede Hürde die überwunden wurde, lässt euer Kind innerlich wachsen und stärker werden.
Das bedeutet natürlich, dass wir als Erwachsene, den Kindern nicht jede negative Erfahrung ersparen dürfen - auch wenn wir es ja nur gut meinen. Derlei gibt es viele:
Wenn Geburtstag ist, steht das Geburtstagskind im Mittelpunkt - jeder hat einmal im Jahr Geburtstag und wird dann mit Geschenken etc. gefeiert. Das kann jedes Kind verstehen. Muss auch das Geschwisterkind ein Geschenk bekommen?
Bollerwagen: Jeder Waldwichtel ist im Wechsel dran, den Bollerwagen zu ziehen. Gemeinsam schaffen wir das problemlos.
Jeden Tag darf ein anderes Kind im Morgenkreis zählen. Wenn ich an der Reihe war dauert es wieder 19 Kindergartentage bis ich erneut dran bin.
Nicht jeder konnte beim Brot- und Saftverkauf helfen.
Das können für eure Kinder frustige Situationen sein - aber sie sind zumutbar und am Ende gut auszuhalten.
Und wenn solche Frustrationen durchlebt werden können, merkt das Kind: Auch wenn ich jetzt schrecklich enttäuscht bin - ich komm drüber weg.
Eine Einsicht, die für das weitere Leben sehr wichtig sein wird.
Uns als Kindergarten ist es ein Anliegen, jedem Kind, das Gefühl zu vermitteln, „du bist toll, so wie du bist - schön, dass du hier bist. Komm, wir machen uns gemeinsam auf den Weg, die nächsten Jahre“.
...Petra
Ein Auszug aus dem Thema des Elternabends im Oktober 2021
„Unser Waldalltag - wieso, weshalb, warum?“
Irgendwann ist es soweit, euer Kind ist 3 Jahre alt, oder knapp davor, die Kindergartenzeit beginnt.
Für einige von euch liegt das schon längere Zeit zurück, manche haben es gerade erlebt und manche steht dieser Schritt bald bevor.
Ein großer Schritt in Richtung Eigenständigkeit. Ein sehr spannendes Ereignis für alle Beteiligten.
Für Mama und Papa bedeutet das einmal mehr „Loslassen“. Das erste Loslassen fand tatsächlich schon mit der Geburt des Kindes statt. Dann ein weiteres Loslassen, als Euer Kind in der Lage war auf eigenen Beinen zu stehen, zu gehen.
Und jetzt der Start in die Kigazeit:
Für euch bedeutet das, akzeptieren, dass euer Kind von nun an, für ein paar Stunden des Tages, in „fremder Obhut“ ist. Es gibt nun einen Zeitraum im Tag, an dem ihr als Eltern nicht mehr so genau im Bilde sind, was euer Kind tut, euer Kind erlebt. Wie es sich verhält, mit wem es spielt …
Es verlangt von eurer Seite großes Vertrauen, in die Menschen, die sich in dieser Zeit, hoffentlich sehr gut, um euer Kind kümmern. Und es bedarf genauso eine riesige Portion Zutrauen in euer Kind selbst: „Du schaffst das“.
Denn mit etwa 3 Jahren ist es tatsächlich auch der Zeitpunkt, an dem ein Kind auch gut in der Lage ist, mit anderen Kindern in Interaktion zu treten.
Für manche Kinder ist dieser Schritt tatsächlich einfach. Doch für viele ist es eine einschneidende Veränderung, die mit dem Gefühl von Unsicherheit und Sorge verbunden ist. Speziell wenn es in der Familie das 1. Kind ist, das in den Kindergarten kommt, ist es für die Familie ein sehr einschneidendes Ereignis. Wir als ErzieherInnen sind uns dessen sehr bewusst. Und natürlich ist es uns ein großes Anliegen, dass dieser Schritt gut verläuft. Aber ganz ohne Tränen geht es manchmal nicht. Und hier kommen wir zur Frage, die uns beschäftigt: Sind Tränen so schlimm? Können wir Tränen unseren Kindern nicht zumuten?
Eine solche Veränderung im Leben eures Kindes, darf doch auch mit dem Gefühl von Aufregung verbunden sein, finde ich.
Auch wenn sie ahnen, dass sie im Kindergarten viel Spannendes, Neues erwartet und neugierig sind. Neugierig auf die vielen anderen Kinder, mit denen sie in diesem Alter auch gerne in Kontakt treten wollen, gespannt auf den Ort, der so viele neue Erfahrungsmöglichkeiten bieten wird - sind da doch auch Gefühle von Unsicherheit. Verständlich, oder?
Und hier könnt ihr eurem Kind eine ganz wichtige Stütze sein, in der Art, wie ihr mit diesem „Trennungsschmerz“ umgeht.
Schafft ihr es, auch wenn euch beim Anblick eures weinenden Kindes fast das „Herz bricht“, zu sagen:
„Ich gehe jetzt, du bleibst hier, hab einen schönen Tag und nachher komme ich wieder“? Und gelingt es, diese Worte mit innerer Überzeugung auszusprechen, dass das Kind sie auch glauben kann?
Oder macht ihr es eurem Kind mit einem Zögern und sorgenvoller Mine zusätzlich schwer?
So wie auch wir Erwachsene manchmal noch ein zuversichtliches Schubsen von Außen benötigen, um eine Sache in Angriff zu nehmen, so geht es an dieser Stelle auch vielen Kindern. Schon öfter haben wir den Satz gehört „Wir wünschen uns aber, dass der Einstieg in die Kindergartenzeit perfekt verläuft. Ohne Weinen …“
Aber die Tränen zeigen doch auch, wie wichtig ihr eurem Kind seid und, dass es gerne mit euch zusammen ist. Ihr erlebt beide einen Abschiedsschmerz, aber ihr wisst, es sind nur wenige Stunden und dann verbringt ihr den Rest des Tages wieder gemeinsam. Und, diese neuen Erlebnisse, außerhalb des Elternhauses, sind doch auch eine tolle Bereicherung für die übrige gemeinsame Zeit - bieten Gesprächsstoff, wenn das Kind gerne erzählt. Manche Kinder werden vielleicht auch nicht so viel erzählen. Dann dürft ihr einfach auf uns zukommen und Nachfragen.
Vielleicht laufen die ersten beiden Kindergartentage auch völlig unkompliziert und am Tag drei wird ihnen bewusst „da geh ich ja jetzt jeden Tag hin, oh!“ Und dann fließen zum ersten Mal die Tränen.
Und auch dann macht ihr es eurem Kind am aller einfachsten, wenn ihr den Moment des „Tschüss sagen’s“ nicht zu lange hinauszögert. Lieber kurz und schnell. Wir sind, keine Unmenschen und wollen euer Kind nicht quälen … Es sind einfach Erfahrungswerte. Wir sind in Kontakt zu euch und geben euch auch ganz schnell Rückmeldung, wenn sich das Kind nach ein paar Minuten beruhigt hat. Wenn die Kinder die innere Einstellung des Gegenübers spüren, die gelassen und zuversichtlich ist, dann können es auch die Kinder sein.
Wir bemühen uns auf jeden Fall sehr, dass der Einstieg in die Kindergartenzeit kein „traumatisches“ Erlebnis wird.
Was für ein großer Schritt ist das! Ich bewundere es jedes Jahr, wenn die neuen Kleinen dieses Schritt schaffen. Als tolle kleine Persönlichkeit bereichern sie unsere Runde.
Wir sind froh, dass Dank eurer tollen Mithilfe die Eingewöhnungen bei uns so unkompliziert verlaufen. Dass sie in unserer Arbeit nicht solch einen riesengroßen Rahmen einnehmen, wie in manch anderen Einrichtungen, wo vor lauter Eingewöhnen, nicht viel Anderes Platz findet. Dass wir in diesen 7 Wochen seit Ende der Sommerferien schon so viele tolle Dinge gemeinsam erleben durften - die alten Hasen und die Neuen.
Ein Auszug aus dem Thema des Elternabends im Oktober 2020
„Weniger ist manchmal mehr“ …
Manche Pädagogen behaupten ganz provokant „Kinder bräuchten eigentlich kein Spielzeug, sie wäre auch ohne glücklich und zufrieden.“
Was ist dran an dieser Behauptung?
In unserem Waldkindergarten Alltag erleben wir es tagtäglich: Es funktioniert ganz unkompliziert ohne vorgefertigtes Spielmaterial, bzw. mit ganz wenigem. Sechs Spaten, drei Schubkarren für 20 Kinder - kein Problem.
Nicht, dass hier der Eindruck entsteht, wir wären gegen Spielzeuge für Kinder. Auf keinen Fall, aber vielleicht lohnt es sich, mal einen Blick in eure Kinderzimmer zu werfen und darüber nachzudenken, wieviel des vorhandenen Spielzeuges tatsächlich (im Moment) bespielt wird und was überflüssig ist.
Denn sicher ist, überquellende Regale und Kisten überfordern euer Kind. Auch ihr kennt das, bewusst oder unbewusst. Betretet ihr einen Raum, eine Wohnung, die übervoll beladen ist, macht das etwas mit euch. Genau so ergeht es auch einem Kind, unbewusst: Womit soll ich spielen? Es beginnt hier und wechselt dorthin. Ein Überfluss an Reizen.
Könnte es hier mal an der Zeit sein, ein paar Materialen (auf Zeit) wegzuräumen?
Eine übersichtliche Anzahl an Spielzeugen, die eurem Kind im Moment wichtig sind, bleibt vor Ort - weniger ist mehr.
Und dieses Weniger ist natürlich auch einfacher wieder sortiert und aufgeräumt, an seinen bestimmten Platz. Vielleicht wird so auch das leidige Thema „Aufräumen“ einfacher?
Sollte jemand durch diese Zeilen angeregt sein, dieses Thema anzugehen, dann nehmt eure Kinder mit ins Boot: Sie lieben es einbezogen zu werden - bei Themen, bei denen es sinnvoll und wichtig ist, ihre Meinung zu hören. (In vielen anderen Fragestellungen, seid ihr diejenigen, die die Linie vorgeben).
Die Spielsachen sind ihr „Arbeitsmaterial“ und euer Kind wäre sicher schockiert, wenn plötzlich vieles nicht mehr vor Ort wäre.
Schon Kindergartenkinder lieben es, wenn sie bei einer „Besprechung“ um ihre Meinung gebeten werden. Sie fühlen sich ernst genommen und werden sicher sehr kooperativ mit euch an einem Strang ziehen.
Und Ihr werdet beobachten können, wird das Material auf ein übersichtliches Maß reduziert und beschränkt sich auf die momentan angesagten Materialien, dass das Spiel kreativer, ruhiger und intensiver wird. Sie verweilen länger bei einer Sache und benutzen das Spielzeug kreativer.
Noch eine interessante Fragestellung:
Wie kommt es eigentlich zu diesem „Viel“ an Spielzeugen?
Erwachsene setzen voraus, dass ein Kind voller Wünsche steckt. Aber ist dem vielleicht gar nicht so? Setzen wir die Kinder mit den vermuteten Wünschen und den traditionellen Geschenkephasen ungewollt unter Druck?
Weihnachten steht schon ganz nah vor der Tür. Wir wollen schenken, auch die Großeltern, Patentanten …
„Was wünscht du dir?“ „Schreib doch mal einen Wunschzettel“ …
Oft wird ein Wunsch erst aufgrund der vielen buntbedruckten Kataloge geweckt, die jetzt wieder überall ausliegen und natürlich genau zu diesem Zweck produziert werden. Die farbenfrohen Bilder erwecken natürlich scheinbare Bedürfnisse.
Aber vielleicht hätte das Kind gar nicht so viele Wünsche, würde es nicht aufgefordert werden welche zu haben?
Dann gibt es noch die „Kleinen Geschenke zwischendurch“: Mitbringsel aus dem Urlaub, von der Geschäftsreise, vom Einkauf im Supermarkt, einfach mal so.
Manchmal sollen sie als Belohnung dienen, für eine Leistung, die wir Erwachsenen als besonders erstrebenswert ansehen - brav ins Bett gehen, aufräumen …
Warum sind es gerade die Kinder, die auf der ganzen Welt so gerne beschenkt werden?
Steckt vielleicht, unbewusst, der Herzenswunsch dahinter, sich die Verbundenheit mit dem Kind zu sichern?
Interessante Fragestellung, finde ich.
Aber eines ist sicher: Ein Kind, dass sich von den Erwachsenen um sich herum angenommen fühlt, so wie es ist. Ein Kind das spürt, dass es geliebt und ernst genommen wird, braucht keine materiellen Geschenke um den Eltern seine Liebe zu schenken. Das tut es gerne, einfach so.
Noch einmal zurück zum bevorstehenden Weihnachtsfest. Was wäre eine gelungene Alternative beim Thema schenken, mit der alle Schenkenden zufrieden sind und das beschenkte Kind ebenso?
Liebt euer Kind es kreativ zu arbeiten wäre z.B. eine gemeinsam bestückte Kreativ-Kiste eine tolle Lösung:
Verschiedenste Stifte, Papiere, Sticker, Klebebänder …. Alle können einen Teil dazu beitragen.
Oder eine Werkzeugkiste, plus Holz das bearbeitet werden kann.
Es gibt hier viele kreative Lösungen, wenn man mal darüber nachdenkt. Und so könnte eine Geschenkeflut vielleicht umgangen werden.
Zum Schluß noch der Gedanke: Muss ein Geschenk immer materieller Natur sein?
Wie wäre es mit gemeinsam verbrachter Zeit? Im Moment sind viele öffentliche Orte, wie Museen, Freizeitbäder, Theater … nicht für uns geöffnet.
Aber der Wald liegt bei vielen ganz in der Nähe und gemeinsam verbrachte Zeit dort, querfeldein, ist unbedingt sehr schön und macht Spaß!